REALIST

Worringer ist nicht kein Realist. Die Wirklichkeiten – oder wie Nelson Goodman sagt: Richtigkeiten – in den Werken werden erzeugt, indem sie den Bildgegenstand denotieren. Eine gemalte Kaffeekanne wird mit großer Wahrscheinlichkeit als solche in einem Bild wahrgenommen werden. Damit übernehmen diese gemalten Gegenstände allerdings keine Zeugenschaft wie beispielspeise das Bild „Das Floß der Medusa“, mit dem Théodore Géricault versuchte ein historisches Ereignis darzustellen. Wir werden verführt von dem, was wir kennen und erkennen und von der vermeintlichen Wahrnehmung eines Motivs. Der gesehene Gegenstand ist hingegen nicht das Motiv, sondern das Bild als solches. Baudrillard würde uns in diesem Fall ein „Lasst Euch nicht verführen!“ zurufen, um auf die Tyrannei des Sichtbaren zu verweisen. Die Kunstwissenschaftlerin Beate Söntgen sagt über Realismus, dass es ein Begriff ist, der „[…] falsche Versprechungen macht. Er ist nicht in sich falsch, nur wenn man ihn von der falschen Seite her anschaut. Dann wird er anrüchig.“ Denn Realismus liegt nicht in einem Abbild der Wirklichkeit. Der Realismus wohnt dem „Gemachtsein“ von Bildern inne und ihrer spezifischen Wahrheit. Worringer nutzt den Realismus als ästhetische Kategorie. Sein Realismus liegt in dem Prozess des Handelns und Herstellens. Erst die Beschreibungen, Einbindung in einen jeweiligen kulturellen Kontext, die Perspektiven der Diskurse, das mitgebrachte Wissen des Betrachters lässt Motive in Worringers Bildern zu Tage treten.